Tierarztpraxis
Peter Wagner

 
 

Der MDR 1- Defekt


Was versteht man darunter?

MDR1 ist ein Transporter, welcher im Organismus an der Verteilung und Ausscheidung von vielen Arzneistoffen beteiligt ist.

Im Gehirn sorgt er dafür, dass ein im Blut zirkulierender Fremdstoff (z.B. Ivermectin) erkannt wird und zurück ins Blut transportiert wird, bevor er die Blut-Hirn-Schranke passieren kann. Dadurch wird der Übertritt von Fremdstoffen in das Nervengewebe blockiert. Somit schützt der MDR1- Transporter das Gehirn vor einer Überschwemmung mit potenziell schädlichen Arznei- und Fremdstoffen.

MDR1- Transporter kommen auch im Darmepithel (als Absorptionsbarriere für Arznei- und Fremdstoffe sowie für Toxine der Darmflora) und in Leber und Niere (zur aktiven Ausscheidung von Arzneistoffen in Galle und Urin) sowie in den Zellen des Blutbildenden Systems (Schutz vor schädlichen Arznei- und Fremdstoffen z.B. Zytostatika) vor. Da bei MDR1 -/- Hunden der funktionsfähige MDR1- Transporter in allen Organen fehlt, kommt es zu einer Überschwemmung des Organismus mit Arzneistoffen und zu einem vermehrten Auftreten von Nebenwirkungen.

Welche Hunde sind vor allem betroffen?

- Collie (Kurz- und Langhaar)

- Longhaired Whippet

 - Australian Shepherd

- Shetland Sheepdog

- Silken Windhound

- McNab

- Wäller

- Weißer Schäferhund

- Old English Sheepdog

- English Shepherd

- Deutscher Schäferhund

- Border Collie

und deren Mischlinge

Was bedeuten die unterschiedlichen MDR1- Befunde?

MDR1 +/+: Kein MDR1-Defekt:  MDR1-Gen intakt

MDR1 +/-: Träger des MDR1-Defektes (Zunahme von
                  Nebenwirkungen unter Therapie mit Zytostatika

                  und makrozyklischen Laktonen (hoch dosiert).

MDR1 -/-: homozygoter MDR1-Defekt:  Totalausfall des
                 MDR1-Transpoerter, multiple Arzneistoff-
                
Überempfindlichkeit, gravierende Intoxikationen z.T.
                 mit Todesfolge    

 

Welche Symptome treten auf?

Es kommt zu lebensbedrohlichen Vergiftungen. Diese äußern sich in Pupillenerweiterung, Verlust der Sehschärfe, Störung der Bewegungskoordination und Krämpfen und gehen dann in einen mehrere Tage andauernden komatösen Zustand über, welcher einer intensivmedizinischen Behandlung bedarf.

Was bedeutet dies für MDR1 -/- Tiere?

- Präparate, welche Arzneistoffe aus der Gruppe der
  markozyklischen Laktone enthalten, dürfen,
sofern nicht explizit
  für diese Hunde zugelassen, nicht angewendet werden.  

- MDR1 -/- Hunde müssen der Entwurmung von Pferden
  ferngehalten werden.

- Loperamid (Imodium) löst bei diesen Hunden ein schweres und
  komplexes Vergiftungsgeschehen
aus, welches nur schwer zu
  therapieren ist.  

- Profender:

  Unter folgenden Bedingungen wurde die sichere Anwendung
  von Profender bestätigt:
  Die Anwendung darf nur bei nüchternen Tieren erfolgen,
  dieTabletten keinesfalls mit Futter eingegeben werden und
  frühestens vier Stunden nach der Behandlung wieder gefüttert
  werden. Die empfohlene Mindestdosierung von 1 mg/ kg sollte
  bei MDR1-defekten Hunden möglichst genau eingehalten
  werden.

Medikamente, die auf gar keinen Fall verabreicht werden
   sollen:

   + Ivermectin-Präparate:
      Ivomec, Qualimec, Equimax, Eraquell, Animec, Chanectin,
      Diapec, Ecomectin, Furexel, Hippomectin,  Noromectin,
      Paramectin, Vectin, Virbamec  

   + Doramectin-Präparate: Dectomax   

   + Moxidectin-Präparate: Cydectin, Equest   

   + Loperamid- Präparate: Imodium   

-  Medikamente, die bedingt eingesetzt werden können:

   + Zytostatika: Vincristin, Vinblastin, Paclitaxel, Doxorubicin,
      Mitoxantron, Dactinomycin u.a.   

   + Immunsuppressiva:  Cyclosporin A, Tacrolimus u.a.  

   + Opioide:  Morphin, Methadon, Fentanyl, Butorphanol  

   + Herz-/Kreislaufmedikamente:  Digoxin, Methyldigoxin,
      Verapamil, Diltiazem, Chinidin, Talinolol, Losartan u.a.  

   + Antiemetika:  Ondansetron, Domperidon  

   + Ulkustherapeutika: Cimetidin, Ranitidin   

   + Antimykotika:  Itraconazol, Ketoconazol   

   + Antibiotika: Rifampicin, Erythromycin, Levofloxacin u.a.   

   + andere:  Acepromazin, Fexofenadin, Emodepsid  

-  Medikamente, die unbedenklich gegeben werden können:

   + Advocate (Wirkstoff Moxidectin)   

   + Milbemax und Program Plus (Wirkstoff Milbemycinoxim)  

   + Stronghold (Wirkstoff Selamectin)        

 
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